Rektor Heinrich Brinker, Foto: Friso Gentsch/dpa, Deutschlandfunk
Eine herausragende Persönlichkeit in seiner Funktion als Schulleiter geht in den Ruhestand. Anlass genug, dass Michael Schratz in Innsbruck in den Zug steigt. Die festliche Verabschiedung des langjährigen Rektors Heinrich Brinker an der Grundschule auf dem Süsteresch wird zu einem Schulfest über zwei Tage.
Es ist die Art, wie er Menschen begegnet
Weitere Gäste aus europäischen Ländern sind extra nach Schüttorf nahe der niederländischen Grenze gekommen, um Heinrich Brinker ebenso zu würdigen. Sie machen das, weil sie so beeindruckt sind. Michael Schratz spricht mit Gästen auf der Verabschiedungsfeier. Jason, ein Lehrer aus Wales, ist der erste Gesprächspartner:
Warum sind Sie hierhergekommen? Ich bin wegen meinem besonderen Freund Heinrich Brinker angereist.
Was ist so besonders an ihm und seiner Schule? Es ist alles. Es ist die Art, wie er Menschen begegnet. Die Art, wie er Menschen liebt. Es ist die sehr besondere Art, die ihn ausmacht.
Was können andere Menschen von ihm lernen? Andere können von ihm lernen, wie er mit Menschen umgeht, wie er sie respektiert. Er behandelt sie mit Respekt und er bekommt Respekt zurück.
Gibt es noch etwas, was andere von dieser Schule wissen sollten? Die Kinder lieben es hier. Sie sind alle relaxt, sie sind alle höflich. Sie folgen den Regeln und keiner wird zurechtgewiesen.
Wir sehen in jedem Kind einen Gestalter der Zukunft, dessen Wünsche, Visionen und Ideen unseren Alltag bereichern. (Team Süsteresch)
Jens, ehemaliger Lehrer und leidenschaftlicher Handballer aus Dänemark:
Warum sind Sie hierhergekommen? Hauptsächlich bin ich wegen meinem Freund Heinrich hier (das fünfte Mal bereits), da er ein großartiger Schulleiter ist. Es ist ein besonderer Ort hier. Auch das Wiedersehen mit einigen meiner früheren Kolleginnen und Kollegen ist wunderbar.
Was denken Sie, warum ist diese Schule so besonders – oder ist sie es nicht? Sie ist besonders. Sie hat eine Struktur, wo alles leise geschieht. Das Lehren steht im Vordergrund und zur gleichen Zeit wird sichtbar, dass die Schüler sehr gern hier sind.
Können Schulen in Ihrem Land von dieser hier lernen? Sie können viel von hier lernen, auch wenn es einige kulturelle Unterschiede gibt. Der Ansatz hier ist sehr praktisch. Die Stühle sind zum Beispiel rollbar und die Lautstärke ist angenehm leise. Du hast eine Idee und kannst sie einfach den gesamten Weg verfolgen.
Auf einem von den Schüler:innen gebauten Wagen wurde er durch die von ihnen gebildete Gasse gezogen, so dass Heinrich Brinker sich von allen einzeln verabschieden konnte. Foto: Michael Schratz
Die Kinder und das Team sind eine Familie
Caroline, ehemalige Lehrerin aus Wales:
Warum sind Sie hier? Ich startete vor 14 Jahren ein Projekt und Heinrich war der erste Kollege, der dabei war. Und er ist bis heute dabei.
Was ist so besonders an der Schule, um heute dabei zu sein? Heinrich ist, wie kann ich es ausdrücken … einzigartig. Er ist ein herausragender Mensch und sehr professionell. Er liebt Kinder. Du weißt, wenn Du in dieser Schule bist, dass es einer der besten Schulen in der Welt ist. Das ist wirklich so. Und wenn du hier arbeitest, die Kinder und das Team sind eine Familie.
Was können andere Schulen von dieser hier lernen? Geduld, Freundlichkeit, Liebe. Ich denke Lehrer haben sich daran zu erinnern, dass wenn Kinder in der Schule sind, dass sie ein erweiterter Teil der Familie sind. Du hast Kinder zu unterrichten, ja. Und über allem steht Kommunikation, Liebe und Respekt.
Was war Ihre eindrucksvollste Erfahrung in den vielen Jahren? Wir haben soviel gemacht, ich kann da nicht ein Ereignis hervorheben. Es ist eine generelle Sache. Zum Beispiel im Projekt Lego-Education haben wir zusammengearbeitet, er ist ein echter Teamplayer. Wie haben Job Shadowing gemacht und Job Sharing macht auch viel Sinn. Du wechselst mit einer Kollegin oder einem Kollegen in einem anderen Land für sechs Monate den Platz. Wenn ich zu einer Schule in Wales gehe, dann ist das sehr bereichernd. Es ist wichtig, dass du raus gehst.
Dieses Foto zeigt Heinrich Brinkers letzte Verabschiedung der Schüler:innen von der Grundschule auf dem Süsteresch. Foto: Michael Schratz
Kultur und Haltung
Heike Draber, bisherige Konrektorin, hat jetzt als neue Leiterin das Steuer übernommen. Welche Kultur und Haltung prägt die Schule insgesamt, was wird sie weiterführen? Shared Leadership hat sie bereits mit Heinrich Brinker nach einer intensiven Auseinandersetzung dazu praktiziert. Gemeinsam haben sie eine Schule entwickelt, die für und mit dem europäischen Gedanken lebt. Im Praxisbuch „Führen mit Präsenz und Empathie“ dokumentiert Michael Schratz eindrücklich die Auseinandersetzung von Heike Draber und Heinrich Brinker, wie es ihnen gelingt, das Bewusstsein des Kollegiums für einen Musterwechsel zu sensibilisieren. Kennen und schätzen gelernt hat Michael Schratz die Schule in seiner Jurytätigkeit für den Deutschen Schulpreis.
„Wir akzeptieren andere Kulturen und Traditionen und empfinden sie als bereichernd. Unsere Welt rückt immer näher zusammen, unsere Gesellschaft ist bunt und multikulturell. Durch unsere Comenius-Projekte rücken wir näher zusammen, bringen andere wunderbare Eindrücke und Traditionen an unsere Schule und lernen diese lieben und schätzen.“
Die staatliche Grundschule auf dem Süsteresch ist eine Europaschule und ebenso im Programm Erasmus+ seit vielen Jahren dabei. Schüler:innen und Lehrer:innen aus Wales, Ungarn und Dänemark besuchten im Rahmen des Erasmus+-Projektes die Schule immer wieder.
Deutschlandfunk (2019): Gespräch mit Michael Winterhoff und Heinrich Brinker
Laudatio für die „Grundschule auf dem Süsteresch“ Deutscher Schulpreisträger 2016
Text: Katharina Wyss-Schley & Michael Schratz