Verbindende Bewegung

26 Menschen sind mit der Choreografin, Performerin und Pionierin Arawana Hayashi vom 21. bis 23. Mai 2024 in Alfter zusammengekommen. Sie wollen die achtsamkeitsbasierte Transformation in der Bildung mit Unterstützung des von ihr entwickelten Social Presencing Theater erforschen und verstärken. Das ALANUS Werkhaus ist inmitten blühender Natur der ideale Ort dafür. Eingeladen hat das Team von LEA Education.


© LEA Education

Der Einladung nach Alfter sind transformierende Kräfte aus folgenden Gruppen gefolgt:

  • Projektleiter:innen und Mitarbeiter:innen von Universitäten in Duisburg-Essen, Göttingen, Hildesheim, Innsbruck, Jena, Salzburg und Wien sowie der Alice Salomon Hochschule, der Charité Berlin und der Humboldt Universität zu Berlin aus dem Netzwerk Achtsame Hochschulen
  • Pädagogische Hochschule Burgenland
  • Pädagogische Hochschule Zürich
  • Landesinstitut für Schule Bremen
  • Schule im Aufbruch
  • Evangelische Kirche Hannover
  • MeTAzeit
  • Agora Neues Lernen
  • Leadership-Coaches
  • Mindfulness-Trainer:innen

 

Wir bewegen uns, um das System zu bewegen.

Drei eindrucksvolle Tage liegen hinter uns, in denen eine Gruppe aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Frankreich gemeinsam den Boden für eine achtsame Transformation im Bildungswesen geschaffen hat. Übungen mit dem Social Presencing Theater bilden dafür den Rahmen. Sie trainieren das Sehen mit dem ganzen Körper.

Jeden Tag starten wir mit einfachen Übungen. Wir gehen unserer Wahrnehmung des individuellen und sozialen Körpers nach. So nehmen Herzlichkeit, das Vertrauen und die persönlichen Gespräche an Intensität zu. Soziale Achtsamkeit wird in hoher Qualität erlebbar.

„Betrachte die Welt aus einem starken Rücken heraus“ (Arawana Hayashi)

© Achtsam.Digital

Den sozialen Körper wahrnehmen.

Neben der individuellen Körperwahrnehmung spielt die Erkundung des sozialen Feldes eine wesentliche Rolle. Dieses explorieren wir zum Beispiel mit der Übung Village.

Zu fünft bauen wir ein Dorf (Village). Die Gruppe bewegt sich durch das lichtdurchflutete Studio und die Dörfer entstehen. Mit vier Bewegungen erkunden wir uns selbst und die Dynamik unseres Dorfes. Wir folgen wortlos unseren Impulsen. Gehend, sitzend, stehend, liegend. Mit der vollen Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt. Draußen zwitschern die Vögel, der Duft der Natur durchzieht den Raum.


Das soziale Feld atmet.

Es verändert sich, wenn Menschen nah beieinanderstehen oder die Entfernung so groß wird, dass das Feld auseinanderdriftet. Auch die drei Ebenen Liegen, Sitzen und Stehen haben dabei ihre Wirkung.

Der Schatz im Social Presencing Theater liegt darin, im gegenwärtigen Moment Wesentliches sichtbar zu machen. Die Wahrnehmung, das Sehen und Fühlen im sozialen Miteinander bekommt eine Bühne. Deshalb verwendet Arawana Hayashi das aus dem griechischen stammende Wort Theater.

Die folgenden Übungen sind einfach zu erlernen und können jederzeit und überall ausprobiert werden. In Teams, in Gruppen oder in Schulen:


Welcoming / Willkommen, 3 Minuten

Entspanne deine Augen oder schließe sie. In den folgenden drei Minuten nimm alles wahr, was in dir auftaucht. Du lässt es Geschehen, ohne Bewertung. Du begrüßt damit alles, was ist. Du brauchst nichts weiter zu tun.
Als individuelle Übung zur Entspannung für dich oder eine Gruppe geeignet, um in den Tag oder mit einer Veranstaltung zu starten.

 

20-Minutes-Dance / 20-Minuten-Tanz
Lege dich mit dem Rücken ausgestreckt auf den Boden. Nimm dir nun innerhalb von 20 Minuten Zeit (oder auch in einem etwas kürzeren Zeitraum bei jungen Menschen), vom Liegen ins Stehen zu kommen. Die Aufmerksamkeit liegt ganz bei dir, um deinen Körperimpulsen zu folgen und diese wahrzunehmen. Nach jeder Bewegung halte einen Moment inne, bevor es weitergeht.
So starten wir im Leben. In den ersten zwölf Monaten richten wir uns ganz natürlich auf. Diese Übung stärkt die eigene Körperwahrnehmung und die individuelle Achtsamkeit.

 

Stuck / Ich stecke fest, 20 Minuten
Diese Übung kann mit zwei bis sechs Personen erprobt werden. Sie besteht aus dem Teil 1 und Teil 2. Eine Person startet. Im Teil 1 wanderst du mit deiner Aufmerksamkeit nach innen und versetzt dich in eine aktuelle schwierige oder herausfordernde Lebenssituation, die dich betrifft. Aus diesem Moment heraus lässt du, ganz ohne Worte, eine Geste mit dem eigenen Körper entstehen – eine Körperskulptur 1. Die anderen der Gruppe sprechen nun ein Wort oder eine Essenz dazu aus, die in ihnen beim Betrachten entstanden ist. Dabei ist für die Betrachter nicht wichtig zu wissen, worum es geht.
Im Teil 2 machst du die Stuck-Situation körperlich nochmals erlebbar. Nun beobachtest du, wie aus dem Körper heraus eine neue Bewegung entsteht, welche in einer neue Position endet (Skulptur 2). Es gibt dabei kein richtig oder falsch. Nachdem alle ihren Stuck gezeigt und jeweils Resonanz erhalten haben, tauscht ihr euch zu zweit aus, wie ihr jeweils den Prozess erlebt habt.
Diese Übung kann bereits mit Schüler:innen praktiziert werden. Jeder Stuck erzählt uns etwas. Der Körper hat uns etwas zu sagen. Durch das Anschauen einer Situation und die geteilten Wahrnehmungen der anderen kann sich etwas in der Person lösen.

Systemisches Körperwissen sichtbar machen.

Am zweiten Tag erproben wir gemeinsam das 4D-Mapping, ein weitere Methode aus dem Social Presencing Theater. Es ermöglicht uns einen tiefgehenden Blick auf unser Bildungssystem. Neun Menschen lassen sich in unserem Workshop in diesen spannenden Prozess ein. Sie übernehmen Rollen und in zwei aufeinanderfolgenden Skulpturen finden sie ihren Platz im Raum. Die restliche Gruppe sind die Beobachtenden. Neun Rollen gibt es für die Stakeholder in dieser Aufstellung:

  • Medien
  • Achtsamkeits-Trainer:innen
  • Bildungsministerium
  • Führungskräfte
  • Förderer/Sponsoren
  • Lehrende
  • Lernende, denen es nicht gut geht
  • Erde
  • Eco-system Education

Um den ganzheitlichen Bezug zum umgebenden System sichtbar zu machen, sind die drei folgenden Rollen im 4D-Mapping immer gesetzt: die Erde, die Benachteiligten und das Zukunftspotenzial.

Ein breites Spektrum an individuellen Wahrnehmungen und Beobachtungen entsteht. Raum für Fragen, für das Nachspüren und für erste Ideen eröffnet sich in den Stunden danach und am kommenden Morgen. Erste Sämlinge zeigen sich im Licht. Die Erkenntnisse und die Wahrnehmungen aus dem 4D-Mapping haben den Boden für eine achtsame Transformation im Bildungsfeld spürbar gelockert.

Wir haben uns der Vision unseres Workshops genähert. Wir sind als soziales Feld in Bewegung gekommen!


© LEA Education

Arawana Hayashi hat für den Transformationsforscher Otto Scharmer (Theorie U) die verschiedensten Formen und Übungen und damit das Social Presencing Theater (SPT) entwickelt. Diese beeinflussen das soziale Feld, lenken die Aufmerksamkeit darauf, eröffnen uns neue Sichtweisen und überraschende Antworten.

Das U aus der Theorie U von Otto Scharmer ist eine Hinwendung und Bewegung zur Achtsamkeit. Über die Achtsamkeit kann ein tieferes Gespür für das Selbst und für das soziale Umfeld entstehen. (aus „Führen mit Präsenz und Empathie“ Schley/Schratz 2023)


Das soziale Feld gibt Energie und schenkt Wurzeln.

Wachstum beginnt zunächst unsichtbar. Unsere Gruppe wird sich dafür stark machen, das Social Presencing Theater und weitere achtsamkeitsbasierte Methoden im Bildungsfeld deutlich stärker zu etablieren. Am dritten Tag haben wir die Samen unserer gemeinsamen Wahrnehmungsreise zusammengefasst und miteinander vernetzt.

In der sicheren, ausbalancierten Verbindung von Körper und Geist können wir uns gemeinsam stärken. Hier liegt die Quelle, um aus dem Nicht-Wissen heraus im Sinne einer sozialen und ökosystemischen Achtsamkeit, in Verbundenheit, die nächsten Schritte zu gehen.

„Ich sehe eine neue Generation am Werk, die gesellschaftliches Engagement und Achtsamkeit verbindet“ (Otto Scharmer).

Ein großer Dank geht an Arawana Hayashi, an alle Teilnehmenden für ihr Vertrauen sowie an das Team Mike Sandbothe (Achtsam.Digital), Dirk Bräuninger und Katharina Wyss-Schley (beide LEA). Jede:r hat maßgeblich zu diesem außergewöhnlichen Zusammenkommen beigetragen. Wir freuen uns, dass diese Impulse durch die Beteiligten nun in die Bildungslandschaft ausstrahlen. Wir sehen uns wieder!


© LEA Education

Mehr Übungen sind hier zu finden:
https://achtsamkeiten.com/

Weitere Links & Lektüre:
Basiskurs Social Presencing Theater am 2.-3.11.2024 mit Dirk Bräuninger
https://arawanahayashi.com/
https://achtsamehochschulen.de/  
Interview mit Mike Sandbothe „Mit Achtsamkeit wird die Bildung wieder lebensdienlich“
https://www.moment-by-moment.de/achtsamkeiten/
Ethik heute: zum Buch „Achtsamkeiten – Übungen für mich, für uns und für die Welt“, Sandbothe/Albrecht/Ostermaier
Buch „Führen mit Präsenz und Empathie – Werkzeuge für eine schöpferische Neugestaltung von Schule und Unterricht“ Schley/Schratz

Text: Katharina Wyss-Schley und Dirk Bräuninger